Obsolet

Es ist eine Zumutung. Uns dämmert allmählich, dass ein Leben mit Internet Gewohnheiten ändert, Gewissheiten erschüttert und ganze Theoriegebäude zum Einsturz bringt. Die sehnsüchtig herbeigewünschte Revolution der Technologie produziert auch Verluste. Die Berliner Transmediale reagiert mit dem Festivalthema afterglow. Zum Vorglühen stellen sich Künstler aus Bulgarien, Griechenland und der Türkei im „Supermarkt“ in der Brunnenstraße vor mit future past – past future vor.
Im Eingengsbereich stellt die bulgarische Künstergruppe Nagledna Arbeiten mit den Mitteln der politischen Typografie vor: zum Thema „the year of our discontent“. Plakate und Schriftparolen auf Monitoren – „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“ – früher erschreckend, sieht heute kurios aus in sozialistisch-realistischem Schriftsatz.

Die griechisch-deutsche Künstlergruppe „The Erasers“ zeigt in ihrer Installation im Keller plakativ auf Verlorengegangenes. Karl Marx gehört dazu ebenso wie Privacy, Pixels und Abstrakte Kunst. Man schaut auf die hingestreuten Zettel und denkt frustriert: „Ja, Scheiße, stimmt!“
Marinos Koutsomichalis bestätigt meine These vom Computer als Strickmuster-Generator: ein neuer Blick auf gar nicht alte Produktionsweisen.