Unpassende Bemerkungen

Jetzt muss ich – ganz widerwillig – ein Geständnis machen. Jetzt – wo dieser amerikanische Präsidentendarsteller nicht mehr auf der politischen Bühne steht – kann ich’s ja sagen: Ich habe die Performance des Herrn T. mit großem Interesse beobachtet. Ja, leider! Er schien mir wie eine Personifikation des Luhmannschen Begriffs „Autopoiese“. Kernpunkt ist, dass es …

Strickmuster

Wer vermutet, dass Stricken zu den Hausfrauen, den Grünen und den achtziger Jahren gehört und insgesamt etwas obsolet geworden ist, der irrt sich. Seit Ada Lovelace ist bewiesen, dass Programmieren und Stricken fest miteinander verbunden sind. Wenn ich also meinen Kunden auf die Ähnlichkeiten von Jacquardmustern und gepixelten Logoentwürfen aufmerksam mache, renne ich damit offene …

Datenautobahn

In der Steinzeit des Internet waren die geplagten Nutzer mit 28K Modems unterwegs. Der Aufruf einer Internetseite mit fünf Bildern dauerte ca. 5 Minuten. Man konnte dabei zuschauen, wie sich die Pixel einzeln zeilenweise auf dem Bildschirm aufbauten. Auf zahlreichen Foren wurden Tipps ausgetauscht, wie man Modems zum schnelleren Herausrücken der Daten bewegen kann. Die …

Das Hase-und-Igel-Problem

Die Kreativbranche wird häufig gelobt für ihre Zukunftsfähigkeit und enorme ökonomische Zugkraft. Warum nur habe ich dagegen den Eindruck, dass ich nur noch Aufträge bekomme, die immer arbeitsaufwändiger werden und dabei aber immer schlechter bezahlt sind? Thema ist also die „Selbstausbeutung“. Nun höre ich jemanden schreien: „Selbst schuld! Frauen verhandeln eben nicht hart genug!“ Ich …

Hört ihr Herrn und lasst euch sagen

Wer hat im Internet etwas zu sagen? Die Informationsvermittlung lässt sich auch mit Hochtechnologie auf archaische Grundformen reduzieren: Auf öffentlichen Marktplätzen riefen seit dem Mittelalter die Nachtwächter ihre Mitteilungen in die kleinstädtische Nacht hinaus. Folgt man dem alten Kinderlied, gingen sie in regelmäßigen zeitlichen Abständen aus, verkündeten ein Datum und lieferten gleich noch eine Interpretation …

Die Spielkiste

Speziell der Personal Computer wäre in der heute bekannten Form niemals entstanden, wenn er nicht auch ein Spielinstrument wäre. Für eigene Versuche, Spielescripts zu programmieren. Zum Ausreizen der Möglichkeiten, die die Kiste bietet. Zum grafischen Experimentieren. „Jeden Tag eine Welt neu erfinden“, war mein Motto bei meiner Fortbildung. Ja, zum Selbstspielen schon auch, aber bei …

Der sprechende Flyer

Vor lauter Nachdenken über das Internet vernachlässige ich meinen Banker. Mir muss etwas Freundliches für Geschäftsleute einfallen. Wie wäre es mit dem Werbeeffekt einer Internetbotschaft: Schon mit einer einfachen „Web-Visitenkarte“ Ihrer Firma schlagen Sie mehrere Fliegen mit einer Klappe. Sie zeigen der Welt ihr schickes Logo, teilen mit, was Sie anbieten und wie Sie erreichbar …

Das papierlose Büro

Genaugenommen sollte der Büroarbeitsplatz seit Erfindung des noch internetlosen Computers schon ohne Papier auskommen. Allerdings war es von Anfang an eine große Versuchung, die mit den neuen Fonts formatierten Briefe und Schriftstücke auch mit dem Tintenstrahl- oder Laserdrucker herauszugeben und auf Papierlayout zu sehen. Es gab soviel wichtiges, was man unbedingt nach Abschalten des Bildschirms …

Der Welt-Brieffreundeclub

Das frühe Worldwideweb war ein schwarzes Brett für Mitteilungen aller Art: Arbeitsnotizen, Werbezettel, Suchmeldungen. Einigermaßen sinnvoll war das erst, als es brauchbare Suchmaschinen gab, die die weltweiten Mitteilungen auffindbar machten. Nur die zusätzlichen interaktiven Dienste, wie Chats, Newsgroups und die Mailinglisten machten das damalige Internet spannend. Der fröhliche internationale Gruppenaustausch fand hier statt, auf Campus-Mailinglisten …

Nachtrag zum virtuellen Ort

Die Schwierigkeit, reale Orte im Internet abzubilden, erfährt eben Google mit seinem neuen Dienst Streetview und seinem Verpixelungszugeständnis an die Datenschützer. Nirgendwo auf der Welt befinden sich soviele verwuschelte Häuser wie in Deutschland! Die schönste Geschichte war die von der börsennotierten Firma aus Nordamerika, die sich bei näherem Hinsehen mit Streetview als Bretterbude entpuppte. Das …

Der kybernetische Ort

Betritt man das Internet zum ersten Mal, entsteht schnell der Eindruck, dass sich grenzenlos viele neue Räume öffnen. Dabei ist „betritt“ schon zuviel interpretiert, denn man schreitet natürlich überhaupt nicht. Man sitzt am Schreibtisch, der Cyberspace entsteht im Kopf. Selbst aufwendige 3D-Animationen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass man im WWW, in Newsgroups und bei den …

Die Bibliothek zu Babel

Manchmal fühle ich mich bei meinen Intertnetsitzungen wie diese Einwohner der Bibliothekswelt von Jorge Luis Borges. Wozu gibt es diese vielen Buchstaben und Texte? Ist das eine Utopie? Oder das Gegenteil davon? Das Internet könnte alle Bücher der Welt enthalten, alles Wissen der Welt konzentrierter Form umfassen, zugänglich für jeden. Könnte. Tut es aber nicht. …